Für unseren langjährigen Verteidiger Florian Meichel ist ein Traum in Erfüllung gegangen. An einem besonderen Ort und auf besondere Art und Weise
Es war vier Minuten nach Mitternacht, da war auf der Spielerbank klar: Jetzt brennt nichts mehr an. Nach dem Empty Net Goal stand es nun 9:4. Exakt um 0.07 Uhr später war das Spiel zu Ende. Deutschland war wieder Europameister im Inline-Skaterhockey. Und mitten drin jubelte der Attinger Florian Meichel mit. Zum ersten Mal im Kader, zum ersten Mal Titelträger. Und das auf eine mehr als denkwürdige Weise an einem Ort, der für den IHC Atting vor einigen Monaten schon einmal eine internationale Medaille brachte.
Denn nicht in Givisiez, sondern in Rossemaison wurden die entscheidenden Spiele ausgetragen, nachdem es am ursprünglichen Gastgeberort am Sonntag gravierende Probleme mit Feuchtigkeit auf der Spielfläche gegeben hatte. Das „Forum Biwi“, Schauplatz des U16-Europacups, wo die Attinger U16 Ende August Bronze gewann, half kurzfristig aus. Die Mannschaften mussten umziehen, rund eineinhalb Stunden dauerte die 120 Kilometer lange Fahrt, das Finale konnte erst um 21.40 Uhr beginnen – fünfeinhalb Stunden später als geplant.
„Ich habe noch nie so lange gespielt“, sagt Meichel, der erst einmal einige Zeit brauchte, um sich von den stressigen Tagen zu erholen. „Es waren ja insgesamt an drei Tagen sechs komplette Spiele, da mussten wir uns die Kraft einteilen.“ Heißt: Aufwärmen, spielen, auslaufen und später am Tag von Neuem. 360 Minuten Skaterhockey mit vollem Körpereinsatz auf Top-Level. „Da sind wir körperlich schon an unsere Grenzen gekommen.“
Schon die Anfahrt war nicht reibungslos verlaufen. Geplant war, am Donnerstag um 4 Uhr morgens von Köln aus mit der Bahn in die Schweiz zu reisen. „Dann kam aber der Lokführerstreik dazwischen“, sagt Meichel. „Gott sei Dank hatte jemand guten Kontakt zu einem Busunternehmen.“ Und weil der Mannschaftsbus dann schließlich der von Eishockey-Zweitligist Krefeld Pinguine wurde, war dann für das Team Wohlfühlcharakter angesagt. Ohnehin durften sich die Skaterhockey-Amateure einmal wie Profis fühlen: Betreuer, Physiotherapeuten. Alles da. „Wir konnten uns echt voll aufs Spielen konzentrieren.“
Deutschland kam gut ins Turnier, verlor in der Gruppenphase lediglich ein Spiel (gegen die Schweiz). Meichel freute sich gleich im ersten Spiel gegen Großbritannien über sein erstes Tor, den Ball nahm er auch mit. Insgesamt erzielte er zwei Treffer und gab drei Vorlagen. „Wir hatten eine geile Mannschaft, je länger das Turnier gedauert hat, desto mehr sind wir zusammengewachsen. Die Chemie hat gestimmt.“
Das zeigte sich auch am Sonntag: Die Veranstalter wussten lange nicht, wie sie das Turnier zu Ende bringen sollten. Feuchtigkeit hatte sich auf der Fläche gebildet, es wurde beratschlagt, getestet, diskutiert. Um 13.45 Uhr stand dann fest: Rossemaison springt ein, lässt die Mannschaften das Turnier fertig spielen. „Es hätte ja auch komplett vorbei sein können, das wäre bitter gewesen“, sagt Meichel. „Wir sollten in einer halben Stunde abfahrbereit sein, wir saßen aber schon nach beinahe zehn im Bus.“
Das Finale war dann eigentlich eine klare Sache: Deutschland führte nach zwei Dritteln 6:0. „Dann haben wir ein paar unglückliche Tore bekommen und die Schweiz hatte wieder Oberwasser.“ Zu Ende gespielt wurde die Partie dann aber souverän – wie eingangs erwähnt bis exakt 0:07 Uhr.
Meichel ist nach Tomas Bauer (2014) der zweite Attinger Herrenspieler, der den Titel gewonnen hat. Ende August waren die fünf Attinger Nachwuchsspieler(innen) Magdalena Ernst, Alexander Ernst, Lukas Alzinger, Maximilian Sauermilch und Moritz Lermer entscheidend am U19-Europameistertitel beteiligt. Markus Alzinger war zusätzlich im Trainerstab
Bis in den frühen Montagmorgen wurde in der Schweiz diesmal gefeiert – aufgrund des späten Endes konnte es damit auch erst spät losgehen. „Das Ganze war eine richtig geile Erfahrung für mich“, sagte Meichel. Seit 2005 steht er im IHC-Kader, hat Auf- und Abstiege mit dem Team erlebt, Meisterschaften und Rückschläge. Für ihn ist es die Krönung seiner bisherigen Karriere.
Text: Michael Bauer